Viele Schritte gegen Tritte


Achtklässler üben Umgang mit Gewalt - Knittlinger Faustschule will Prävention ausweiten

Anke Baumgärtel

KNITTLINGEN. Wie es sich anfühlt, wenn man aus einer Gemeinschaft ausgeschlossen wird, haben 28 Hauptschüler der Dr.-Johannes-Faust-Schule in Knittlingen gestern bei ihrem Projekttag am eigenen Leib erfahren. Der Großteil der Schüler wurde in die Lage somalischer Flüchtlinge im Asylbewerberheim versetzt, während sechs Schüler an einem reichlich gedeckten Tisch Platz nehmen durften.

"Thema Gewalt aktueller denn je"

Dies war nur eine der Gewaltformen, die die Achtklässler im Rahmen des landesweiten Projektes "Schritte gegen Tritte" des evangelischen Jugendwerkes und des Dienstes für Mission, Ökumene und Entwicklung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg kennenlernten.
"Das Projekt lebt von der Konfrontation der Jugendlichen", sagte Rektorin Heidi Bopp. Erstmals hat die Schule mit insgesamt vier achten Real- und Hauptschulklassen daran teilgenommen. Derzeit arbeitet die Schulleitung an einem ausgeweiteten Konzept unter dem Titel "Gesunderhaltung und Gewaltprävention". "Vieles, was die Gesellschaft die Kinder nicht mehr lehrt, müssen wir übernehmen", erklärte Bopp. Während bislang noch viele Einzelprojekte stattfänden, soll künftig einheitlich ab der ersten Klasse jedes Schuljahr ein anderer Fokus auf das Thema Gewalt gerichtet werden.
"Das Thema Gewalt ist angesichts der sich häufenden Übergriffe durch Jugendliche aktueller wie nie zuvor", erklärte Sozialpädagogin Sabine Schuhmacher, Referentin beim Projekttag. Betroffenheit habe die Klasse gezeigt, als sie die geringe Bereitschaft zum Eingreifen bei einer Auseinandersetzung in der U-Bahn auf der Leinwand verfolgte. Auch ein Rollenspiel zu Mobbing ging einigen Schülern nahe, die bewusst von den Klassenkameraden ignoriert werden sollten. "Wenn die Schüler Gewaltsituationen im Alltag erleben und keine Gelegenheit haben, diese aufzuarbeiten, dann ist der Kopf nicht frei für das Lernen", begründete Bopp die Dringlichkeit der Konzeptumsetzung. 65 Lehrer haben sich bereit erklärt, an einer Schulung teilzunehmen, um Projekte weiterführen zu können. "Hierfür fehlt uns bisher die finanzielle Unterstützung."


Als Opfer struktureller Gewalt fühlten sich die Achtklässler der Knittlinger Faustschule. Die Jugendlichen schlüpften in die Rolle von Flüchtlingen, während es sich andere gutgehen lassen durften. Baumgärtel

N.N. 
Quelle
 Verlag     : J. Esslinger GmbH und Co. KG.
Publikation     : PZ Mühlacker
Ausgabe     : Nr.260
Datum     : Dienstag, den 10. November 2009
Seite     : Nr.17