Seltene Blicke in die Kinderstube
brütender Uhus
Brettener Naturschutzbund-Gruppe
veranstaltete Exkursion in den Knittlinger Steinbruch
/ Rund 50 Interessierte
„Zwei Drittel der Jungvögel kommen im ersten Lebensjahr
um“
Von unserer Mitarbeiterin
Andrea Garhöfer
Knittlingen/Bretten. Der „Bubo bubo“, kurz:
Uhu, lockte über 50 interessierte
Naturfreunde in den Knittlinger Steinbruch: Die
Nabu-Gruppe Bretten hatte zur Eulenwanderung eingeladen
– und ermöglichte den Teilnehmern einen seltenen
Blick in die Kinderstube des dort brütenden
Uhu-Paares.
Eng schmiegt sich das Uhu-Weibchen in die Nische
der Felswand, das braun-schwarz gefleckte Gefieder
tarnt es optimal. Da brauchte es schon die detaillierte
Beschreibung von Exkursionsleiter Ernst Weiss, bis
alle Teilnehmer den Eulenvogel im Sichtfenster ihres
Fernglases haben. „
Faszinierend“, „einmalig“, „super“ – auch über
die Distanz von 120 Meter Luftlinie kann sich
Niemand der Faszination entziehen, die dieses
Tier verbreitet. Mit etwa 170 Zentimetern
Spannweite und einer Körpergröße
von um die 70 Zentimeter sind Uhus die
größten aller europäischen Eulen
– und auch eine der seltensten, am stärksten
bedrohten Vogelarten auf dem Kontinent. „1970 waren
die Uhus in Baden-Württemberg fast ausgestorben,
es waren noch vier Brutpaare bekannt“, erklärt
Weiss. „Heute sind es um die hundert Brutpaare,
und eines davon ist das hier in
Knittlingen.“
Seit zehn Jahren brütet das Uhu-Paar im Knittlinger
Steinbruch und hat bis jetzt 17 Jungvögel aufgezogen.
Allerdings: „Man muss davon ausgehen, dass zwei
Drittel der Jungvögel schon in ihrem ersten
Lebensjahr umkommen“, verdeutlicht Weiss. Im
Steinbruch, einem „Lebensraum aus zweiter Hand“,
fänden die Uhus optimale
Brutmöglichkeiten. „Nur wechseln sie die Brutstelle
von Jahr zu Jahr, je nachdem, wo im Bruch gerade
gearbeitet wird.
Deshalb ist es jedes Jahr wieder ein neuer Nervenkitzel,
ob und wo man den Brutplatz finde.“ In diesem Jahr
landete Nabu-Mitglied Manfred Wiech aus
Knittlingen den Treffer. „Es ist wichtig, dass
man den Brutverlauf genau verfolgt, denn nur so
kann man den richtigen Zeitpunkt für die
Beringungsaktion herausfinden“, erklärt er.
Die Jungtiere dürfen nicht zu klein sein,
aber auch noch nicht so mobil, dass sie bei der
Aktion vor Schreck aus dem Nest flüchten
und eventuell in der Steilwand abstürzen.
Für die kleinen Uhus, die erst mit einem Alter
von etwa 35 Tagen flugfähig werden, würde
dies der Tod bedeuten. In diesem Jahr sitzen vermutlich
zwei Jungvögel im Nest, meint Wiech, und die
werden demnächst beringt und registriert. Am
Sonntag spickelte ab und zu ein wolliger, hellgrauer
Jungvogel unter dem schützenden Gefieder der
Mutter hervor. Versorgt werden Mutter und Kind übrigens
vom Uhu-Vater, der sich tagsüber versteckt
hält und in der Dämmerung Nahrung
für seine Familie erjagt. Uhu-Paare sind
ihrem Brutplatz sehr treu, weiß Ernst
Weiss.
Am Betrieb im Steinbruch stören sie sich nicht
– solange natürlich nicht gerade an der Wand
gearbeitet werde, in der ihr Brutplatz ist. „Für
die kommenden Jahre müssen wir darauf achten,
dass wir den Uhus an ruhigen Stellen im Bruch
Ausweichquartiere zur Verfügung stellen,
dafür beispielsweise kleine Nischen
heraussprengen“, formuliert Weiss eine
Zukunftsaufgabe. „Deshalb sind wir auch froh darüber,
dass wir beim Projekt Uhu sehr konstruktiv mit der
Steinbruch-Firma zusammen- arbeiten.“
|