Suche nach Knackpunkten, um Defiziten gegenzusteuern

Knittlinger Elternbeirat und Gewerbe- und Verkehrsverein fragen gezielt nach Schwachstellen bei den Schulabgängern

Bei Bedarf soll es Zusatz-Stunden geben

Von unserer Mitarbeiterin Isabel Hansen
Knittlingen. „Die Schüler von heute können nichts“ – diesem Allgemeinplatz will der Elternbeirat der Dr.-Johannes-Faust-Schule mit tatkräftiger Unterstützung des Gewerbe- und Verkehrsvereins Knittlingen (GVV) auf den Grund gehen. Eine Umfrage unter den ausbildenden Betrieben soll aufzeigen, wo die Schwachstellen bei Schulabgängern und Auszubildenden liegen, um gezielt und frühzeitig gegensteuern zu können.
„Die Lehrlinge leisten nichts. Die Schüler von heute können nichts – solche Phrasen hört man doch immer wieder. Wir wollen jetzt einmal wissen, wo die Schwachstellen ganz konkret liegen. Und da sind gerade die Unternehmen vor Ort wichtige Ansprechpartner“, erklärt Peter Schäfer, Vorsitzender des Elternbeirates und des Fördervereins der Dr.-Johannes-Faust-Schule. „Dann können wir auch Abhilfe schaffen. Wir wollen ja, dass unsere Schüler gut vorbereitet für das Berufsleben sind und gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.“
Bei Uwe Brodbeck und Hagen Jarzambek, den beiden Vorsitzenden des Gewerbe- und Verkehrsvereins Knittlingen, ist die Anfrage, diese Punkte über eine Umfrage unter den Mitgliedern des GVV abzuklären, auf offene Ohren gestoßen. „Wir werden das Thema auf der kommenden Vorstandssitzung am 28. Februar auf die Tagesordnung setzen und Details besprechen, beispielsweise, ob wir getrennt nach Hauptschule, Realschule und Gymnasium fragen oder den gewerblichen und kaufmännischen Bereich noch einmal unterteilen. Dann schicken wir das Rundschreiben schnell raus“, sichert Uwe Brodbeck die Unterstützung des GVV zu. „Ich hoffe, dass wir den Rücklauf der Betriebe im März auswerten können. Vier Wochen sollten den Unternehmen reichen, um zu reagieren, auch wenn viel zu tun ist.“
Rund 35 der 92 aktiven Mitglieder des GVV bilden aus, darunter so bekannte Namen wie das Medizintechnik-Unternehmen Richard Wolf, aber auch typische Familienbetriebe wie Bäckerei Reinhardt. Brodbeck setzt auf ein gutes Feedback der Betriebe vor Ort. „Von konkreten Ergebnissen profitieren nicht nur die Schüler, sondern auch die Wirtschaft. Die Firmen sind ja ebenso an guten Azubis interessiert, wie Azubis an einem Ausbildungsplatz. Mit der Umfrage haben wir eine sachliche Grundlage für Verbesserungen.“
Geschichten von mangelhaften Leistungen werden auch ihm immer wieder zugetragen. „Da kennt einer den Unterschied zwischen Zentimeter und Millimeter nicht, ein anderer benötigt eine halbe Stunden, um auszurechnen, wie viel Teil einer bestimmten Größe er aus einem zwei Quadratmeter großen Blech schneiden kann“, berichtet Brodbeck. „Manchmal können meine Praktikanten nicht das Volumen einer Baugrube oder eine mittlere Höhe ausrechnen, weil es an Vorstellungsvermögen fehlt“, ergänzt Architekt Hagen Jarzambek, stellvertretender GVV-Vorsitzender.
„Deutsch, Mathe, Prozentrechnung, Motivation oder vielleicht auch schlechtes Benehmen oder schlampige Kleidung – wenn wir den Knackpunkte kennen, ist das eine Basis, um sich mit der Schulleitung zu beraten und den Defiziten gezielt entgegenzusteuern“, verspricht Schäfer, dass die Umfrage-Ergebnisse gut genutzt werden.
„Die Informationen sollen in die Lehrpläne einfließen und das möglichst schon in den unteren Klassen.“ Schriftführerin Martina Falk könnte sich sogar vorstellen, dass in einigen Fächern bei Bedarf ,Zusatz-Stunden‘ organisiert werden. „Dann müssen die Schüler eben mittags noch einmal anrücken, um Mathe zu lernen. Schließlich geht es um ihre Zukunft.“
Dabei hat der Elternbeirat aber auch eine Reihe von Ideen, die über den Unterricht hinausgehen. „Der Förderverein will einen Rhetorik- und Benimm-Kurs anbieten. Außerdem wollen wir mehr für die sogenannte Quali-Mappe werben, die hier noch relativ unbekannt ist. In Ludwigsburg beispielsweise fragen Unternehmen bereits danach. In dieser Mappe können Schüler Zertifikate für außerschulische Tätigkeiten sammeln: für ein Praktikum im Betreib, für Engagement bei der Feuerwehr, für den Besuch einer Musikschule oder die Mitarbeit als Helfer bei der Schulaufsicht“, erläutert Schäfer das Konzept. „Damit kann der Schüler zeigen, dass er Engagement und Interesse mitbringt.“



KANN MITREDEN: Das Knittlinger Medizintechnik-Unternehmen Richard Wolf ist Stammgast auf Ausbildungsbörsen, engagierter Ausbildungsbetrieb und Mitglied des Gewerbe- und Verkehrsvereins (GVV), der sich der Qualifikation von Schulabgängern annehmen will. Foto: ih


BNN, 20.02.2008


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