In Großvillars war der
Weg nach Norden zu Ende

Internationaler Waldenserpfad durch den Kraichgau

Umstrittene wirtschaftliche Interessen

Von unserem Mitarbeiter Arnd Waidelich
Oberderdingen. „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ – getreu diesem Motto verlangten die absolutistischen Fürsten im 17. Jahrhundert von ihren Untertanen strammes Mitmarschieren bei den fürstlich verordneten Religionswechseln. Wer standhaft im Glauben bleiben wollte, dem blieb nichts anderes als die Flucht. So etwa, als Ludwig XIV. 1685 die Religionsfreiheit in Frankreich aufhob und viele Waldenser und Hugenotten sich in Sicherheit bringen mussten. An die Geschichte ihrer Vertreibung soll mit einem Wanderweg erinnert werden, dem „Internationalen Hugenotten- und Waldenserpfad“. Er führt über 1 500 Kilometer von deren einstiger Heimat, dem Piemont und dem Departement Rhône-Alpes, durch Frankreich, die Schweiz und Deutschland. Zwölf Etappen sind in Deutschland vorgesehen. Auf dem Weg vom Hegau am Bodensee zum nordhessischen Bad Karlshafen streift der Weg den Naturpark Stromberg-Heuchelberg. Der Weg in den Norden war für einige Waldenser in Großvillars zu Ende. Es wurde eine ihrer Gründungen auf dem Weg in die Religionsfreiheit.
Bei der Vorbereitung dieses Pfades wurde nichts dem Zufall überlassen. Lüneburger Marketingspezialisten kümmern sich um den Entwurf eines Konzeptes, das durchaus wirtschaftliche Interessen verfolgt, wie Geschäftsführer Cornelius Obier gestern vor rund 60 Teilnehmern eines Workshops im Oberderdinger Forum einräumte. Eine große Zahl von Kommunen, Landkreisen, Tourismuseinrichtungen und Regionen arbeiten entlang der Wegstrecke mit und beteiligen sich finanziell. „Die wenigsten werden das aus ideellen Gründen tun“, meinte Obier. Schließlich soll mit dem Pfad die Attraktivität der jeweiligen Stationen gestärkt und Touristen angelockt werden, die Geld mitbringen und dort lassen.
Für eine solche Attraktivität gebe es allerdings Grundvoraussetzungen. Zunächst einmal müsse die Wanderqualität stimmen. Asphaltierte Wege über die gesamten 1 500 Kilometer könnten zwar nicht garantiert werden. Dennoch zeigte sich Obier davon überzeugt, dass „wir über ein tolles Konzept verfügen“.
Bis 2012 könne ein Wanderleitsystem erarbeitet werden mit Informationsmaterial an allen Stationen und anspruchsvollen Beherbergungsmöglichkeiten. Auf dieser Strecke sei es möglich, das Hugenottenerbe bewusst zu machen und zu vermitteln. Langfristig strebe er an, den Waldenserpfad als „Europäischen Kulturweg“ und Fernwanderweg mit einem Motivthema anerkannt zu bekommen.
Die einzelnen Etappen stellte die Projektkoordinatorin Dr. Renate Buchenauer vor. Zwölf an der Zahl wird jede Etappe in Einzelstrecken von 15 bis 20 Kilometern zerteilt entlang der historisch bedeutsamen Orte führen. Etliche der Teilnehmer des Workshops äußerten schon eingangs Bedenken zur einseitig wirtschaftlichen Orientierung des Pfades. Es dürfe nicht nur um die von Projektmanager Stefan Schulte gestellte Frage gehen: „Wie können wir den Weg vermarkten?“ Wenn man nur an Gastronomie und Wirtschaft denke, dann würde der Sinn des Weges in den Hintergrund treten. Empfohlen wurde, die Erfahrungen der Wandervereine in das Konzept einfließen zu lassen.


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RUND 1 200 KILOMETER LANG wird der internationale Waldenserpfad. Bei der Vorstellung gestern in Oberderdingen (von links) Miere-Lise Jaggy, Projektleiter Stefan Schulte und der Geschäftsführer des Naturparks Stromberg-Heuchelberg, Dietmar Gretter. Foto: wai


BNN, 01.02.2008


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