Ein
Artikel der PFORZHEIMER ZEITUNG
Feuer zerstört Wahrzeichen
Dachstuhl des Veranstaltungszentrums in Knittlingen geht in Flammen auf
- Bürger weinen auf der Straße um ihr Steinhaus
KNITTLINGEN.Bis
zu zehn Meter hohe Flammen haben gestern das Dach des historischen
Steinhauses im Stadtzentrum von Knittlingen völlig zerstört.
Der
Schaden wurde am Abend auf 2,5 Millionen Euro geschätzt.
Die
Verzweiflung stand gestern vielen Menschen ins Gesicht geschrieben:
Zahlreiche Passanten, die ungläubig tagsüber an der
Absperrung der
Feuerwehr standen und auf das Wahrzeichen ihrer Stadt starrten, hatten
Tränen in den Augen oder weinten sogar. Die frühere
Zehntscheuer des
Klosters Maulbronn, die vor 15 Jahren mit Millionenaufwand und viel
Eigenleistung einiger Vereine zum Veranstaltungszentrum der Fauststadt
hergerichtet worden war, wurde am Abend von Helfern der Feuerwehr und
Firmenmitarbeitern notdürftig mit Planen verdeckt. Die stark
verkohlten
Holzbalken der 50 Meter langen Dachstuhlkonstruktion ragten wie Reste
eines Skeletts in den Abendhimmel. "Der Giebel des Steinhauses kann
nicht mehr auf die Straße stürzen", atmete Kreisbrandmeister
Ingbert
Fürtsch am Abend spürbar auf. Ein Großteil des
Pfleghofes war
stundenlang abgesperrt. Eine Anwohnerin aus dem Nachbarhaus hatte um
3.34 Uhr die Feuerwehr alarmiert, als sie vom eigenen
Schlafzimmerfenster aus riesige Flammen aus dem etwa 20 Meter hohen
Giebel schlagen sah. Kommandant Thomas Appenzeller stand innerhalb von
Minuten mit den ersten 20 Wehrmännern vor dem brennenden
Gebäude,
schickte seine Männer mit Löschschläuchen über das
Treppenhaus den
Flammen im Dachstuhl entgegen und ließ die Drehleiter voll
ausfahren.
"Als ich beim Alarm in mein Auto sprang, war neben der Kirche schon aus
mehreren Kilometern Entfernung das lichterloh brennende Dach des
Steinhauses zu sehen", berichtete ein Helfer.
Verstärkung kam aus Bretten
Einsatzleiter
Appenzeller forderte mit dringenden Worten Verstärkung aus Bretten
an,
die nach wenigen Minuten mit acht Wehrmännern und drei Fahrzeugen,
darunter einer zweiten Drehleiter, im Zentrum von Knittlingen eintraf.
Die Löschkräfte spritzten nun von den ausgefahrenen Leitern
aus zwei
versch! iedenen Richtungen auf das Dach des Gebäudes und bekamen
die
hohen Stichflammen langsam unter Kontrolle.
Pfarrer Joachim
Stricker öffnete sein Pfarrhaus zur Aufnahme der Musikinstrumente,
die
die Wehrmänner aus den oberen Etagen retteten. Eine Stunde
später, um
fünf Uhr morgens, standen bereits 50 sichtlich betroffene Menschen
um
das historische Gebäude herum. "Das Steinhaus ist ein Teil der
Seele
Knittlingens", meinte Bürgermeister Heinz-Peter Hopp an der
Brandstelle. Es handele sich um das älteste Gebäude der
Stadt, das
außerdem am höchsten Punkt in der Kernstadt von Knittlingen
stehe.
"Mir
hat der Atem gestockt. Das hatte ich nicht für möglich
gehalten", sagte
Nachbar Gunter Huber. "Ich bin dankbar, dass aus Baden die Wehr aus
Bretten uns zur Hilfe geeilt ist", betonte Wilhelm Etter. Stadtrat
Klaus Meiser sprach von einer Tragödie für Knittlingen.
"Jedem tut
heute das Herz weh", sagte er.
Der direkt betroffene
evangelische Pfarrer Joachim Stricker war froh, dass es keine
Verletzten gegeben hatte. Bürgermeister-Stellvertreter Walter Fink
rang
an der Brandstelle um Worte: "Das ist eine Katastrophe". Der 13 Jahre
alte Schüler Maik Zimmermann von der Knittlinger Jugendfeuerwehr
stand
lange nachdenklich vor dem Löschwagen, bevor er zum Unterricht
weiterging.
Artikel wurde erstellt von: Horst Pieper am 24.03.2005.
Fotos von Volker Henkel
www.fotomoment.de