Ein Artikel der PFORZHEIMER ZEITUNG
"Belastung ist extrem hoch"
Knittlinger Feuerwehr in den letzten Wochen sehr stark gefordert -
Gespräche helfen beim Verarbeiten
KNITTLINGEN."Unsere Belastung ist derzeit extrem hoch", sagt der
Kommandant der Knittlinger Feuerwehr, Thomas Appenzeller. In den
vergangenen zwei Monaten waren die Floriansjünger bei vier
Großbränden gefordert (die PZ hat berichtet). Jüngste
Beispiele: Nachdem am frühen Mittwochmorgen das Knittlinger
Steinhaus durch ein Feuer zerstört worden war, rückte die
Feuerwehr der Fauststadt am Samstag schon wieder zum nächsten
Einsatz nach Bretten aus. Dort brannte die Sporthalle nieder.
Eine solche Häufung, wie sie in den letzten Wochen in Knittlingen
der Fall war, sei in seiner Amtszeit noch nicht vorgekommen, sagt
Appenzeller. "Man darf sich aber einfach nicht zu viele Gedanken
darüber machen, denn sonst gehen die Freizeit und das Privatleben
ganz verloren", rät er. Zudem gingen die freiwilligen
Feuerwehrmänner tagsüber einem Beruf nach, der nicht unter
der Belastung leiden dürfe.
Dabei müssen die Floriansjünger zu jeder Tageszeit
alarmierbar sein. Gerade in letzter Zeit sei es wieder vermehrt nachts
zu Einsätzen gekommen, sagt Appenzeller. "Es ist manchmal
schwierig, mitten in der Nacht aus dem Bett zu kommen", weiß der
Feuerwehrkommandant. Doch werde man sehr schnell hellwach, um am
Einsatzort volle Leistung bringen zu können. Schwierig sei
für die freiwillige Feuerwehr vor allem, dass man nie wisse, wann
ein Einsatz komme und was einen dabei erwartet. "Die Berufsfeuerwehr
hat Statistiken", sagt er. So wisse ein Berufsfeuerwehrmann, dass er im
Durchschnitt zweimal am Tag im Einsatz ist. "Doch für uns gibt es
diese Statistiken nicht", erklärt Appenzeller.
Wenn Menschen bei einem Brand verletzt werden oder gar ums Leben
kommen, ist das für die Feuerwehrleute eine besondere Belastung.
So zum Beispiel am 4. Februar: Damals konnte sich die 84-jährige
Bewohnerin des Sonnenhofs in Freudenstein nicht vor den Flammen retten
und starb; am 25. Februar wurde ebenfalls in Freudenstein eine
43-Jährige schwerstverletzt. Nach diesen Einsätzen wurde von
einigen Feuerwehrleuten die Notfallseelsorge in! Anspruc h genommen.
"Vor allem die Männer, die die Personen gefunden und aus dem Feuer
getragen haben, wurden psychologisch betreut", weiß Kommandant
Appenzeller. In Gesprächen mit Notfallseelsorgern sei es für
die Betroffenen leichter, den Einsatz zu verarbeiten.
Zu Spekulationen, ob in Knittlingen derzeit der Feuerteufel umgehe, sei
es unter den Feuerwehrleuten noch nicht gekommen. "Die Kriminalpolizei
hat die Brandursachen glücklicherweise immer schnell geklärt,
so dass es gar keine Zeit gibt, über so etwas nachzudenken." Denn
bei allen Einsätzen in den vergangenen Wochen hätten
menschliches oder technisches Versagen, wie im Knittlinger Steinhaus,
das Feuer ausgelöst.
Artikel wurde erstellt von: Carolin Ulbrich am 30.03.2005.