Neuwahlen im Sommer?
Kritik in Illingen an Entscheidung von Bürgermeister Hintermayer zur Kraichtal-Kandidatur

ILLINGEN/KNITTLINGEN. Heute will Illingens Bürgermeister Ulrich Hintermayer seine Bewerbung in Kraichtal vorlegen. In Knittlingen prüft Bäckermeister Martin Reinhardt, ob er für Hintermayer Kreisrat werden soll.

Die Entscheidung des Illinger Bürgermeisters (CDU) zur Kandidatur in der Stadt Kraichtal wurde gestern mit Enttäuschung und sogar mit Verbitterung aufgenommen. "In Illingen werden die Karten neu gemischt", sagte SPD-Landtagsabgeordneter Thomas Knapp. Er kündigte für den Fall einer Neuwahl die Option auf einen Kandidaten der SPD an. "Man kann die Aufgabe eines Bürgermeisters nicht wechseln wie ein Hemd", unterstrich Illingens Alt-Bürgermeister Ewald Veigel. Er forderte mehr Kontinuität an der Rathausspitze. CDU-Landtagsabgeordneter Winfried Scheuermann, zugleich stellvertretender Bürgermeister von Illingen, sprach sogar von einer "risikoreichen Kandidatur" Hintermayers in Kraichtal. Es liegen nach den Angaben des dortigen Hauptamtes schon drei ernsthafte Bewerbungen vor.

Finanziell lohnt sich ein Wechsel nach Kraichtal kaum, meinte gestern ein Experte im Landratsamt des Enzkreises beim Blick auf die Gehaltstabellen des öffentlichen Dienstes. Derzeit verdiene der Rathauschef von Illingen in der Gehaltsstufe A 16 (leitender Direktor) um 5100 Euro brutto und könnte in den nächsten Jahren die Endstufe von knapp 5600 Euro erreichen. Während der Bürgermeister der doppelt so großen Kommune Kraichtal nur um eine Gehaltsgruppe höher bei B 2 (Ministerialdirektor, Leiter größerer Zweigstellen von Bundesbehörden, Oberst der Bundeswehr) und somit bei etwa 5800 Euro brutto liege.

Laut Kommunalamt des Enzkreises muss noch vor den Sommerferien in Illingen ein neuer Bürgermeister gewählt werden, falls Ulrich Hintermayer der Absprung in Richtung Kraichtal gelingt. Die Ausschreibung müsse bis spätestens Anfang Mai erfolgen. Amtsleiter Jörg Gilon machte als möglichen Nachrücker für Hintermayer im Kreistag den Knittlinger Bäckermeister Martin Reinhardt aus. Allerdings: "Erst wenn Kreisrat Hinter! mayer se inen Wohnsitz in Richtung Kraichtal wechseln sollte, muss er sein Mandat aufgeben", sagte er zur PZ. Innungsmeister Reinhardt selbst wurde gestern in Knittlingen überrascht und wägt ab, ob er genug Zeit für das Mandat hat.

In Illingen machte sich gestern Enttäuschung breit. "Das ist eine persönliche Entscheidung. Ich kann verstehen, dass es in Illingen eine gewisse Enttäuschung gibt", meinte SPD-Kreisvorsitzender Knapp. "Ich bin not amused, wenn Hintermayer nach knapp drei Jahren weggeht", stellte Alt-Bürgermeister Ewald Veigel (FDP) fest. Normalerweise hätte er eine Amtsperiode durchhalten müssen. Ähnlich äußerte sich CDU-Kreistagsfraktions-Vize Günter Bächle aus Lienzingen. Die persönliche Entscheidung Hintermayers sei für ihn "gewöhnungsbedürftig", auch wenn sie nicht gegen Illingen gerichtet sei. Amtsvorgänger Jochen Protzer hielt sich bedeckt: "Ich sage nichts über meinen Nachfolger", so der SPD-Kreistagsfraktionschef. Scheuermann, der von heftiger Kritik einiger CDU-Gemeinderäte hinter den Kulissen sprach, bezeichnete den Illinger Schultes als "geborenen leutseligen Bürgermeister-Wahlkämpfer". Der Rathauschef selbst will im Februar für den Wahlkampf in Kraichtal Urlaub nehmen - also nach der Etatverabschiedung.

PZ-Artikel wurde erstellt von: Horst Pieper am 18.01.2005.


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