Verzicht auf Weinlagen?
Verband fordert in Knittlingen
Abschied von alten Herkunftsbezeichnungen auf den Weinflaschen
KNITTLINGEN. Der zunehmende Importdruck auf dem deutschen Weinmarkt
zwingt die Wengerter in Württemberg zu tiefgreifenden Reformen:
Sie sollen auf dem Flaschenetikett auf die Nennung der Einzellagen
verzichten.
Diese Forderung hat vor 80 Weingärtnern des Bezirks
Stromberg-Enztal in Knittlingen Weinbaupräsident Hermann Hohl
vertreten. Die Werbung mit heute 207 Einzellagen in Württemberg
als Herkunftsbezeichnungen sei verwirrend. Vielmehr solle in den
deutschen Großstädten und im Ausland für "Trollinger
aus Württemberg" geworben und dafür auf die Nennung der nur
örtlich bekannten Einzellage verzichtet werden. Diese
Vereinfachung soll ebenso auf dem Flaschenetikett zum Ausdruck gebracht
werden.
Im langen Reformkatalog des Weinbauverbandes ging dieser geplante
Eingriff in die regionale Vermarktung am Dienstagabend schlichtweg
unter. Bezirkschef Gerhard Brüstle aus Zaisersweiher zog gestern
erst einmal die Notbremse: "Darüber muss ich noch einmal mit
unserem Präsidenten Hohl ein Gespräch führen. Wir
können in der Werbung nicht auf die Nennung unserer Einzellagen
verzichten", meinte er zur PZ. Allein die Genossenschaft in Diefenbach
setze ein Drittel der eigenen Weine vom "Diefenbacher König" im
Ortsverkauf an Kunden aus dem Nahbereich, einem Umkreis von 25
Kilometern, ab. An den Bezeichnungen der Lagen wie Diefenbacher
König, Roßwager und Mühlhäuser Halde, der
Reichshalde in Knittlingen, der Kupferhalde von Oberderdingen oder auch
dem Eichelberg von Ölbronn-Dürrn dürfe nicht
gerüttelt werden. Dies würde die Kunden des Umlandes nur
verunsichern. Bezirksvorsitzender Brüstle will höchstens
vereinfachte Etikettbezeichnungen auf den Flaschen für den
Auslandsverkauf akzeptieren. "Wir müssen die Zahl der Lagen
einschränken. Der Fokus muss auf den Betrieben und der
Qualität liegen", gab aber Hohl vor.
Protestnote an Landesminister
Der Landeschef ermahnte in Knittlingen in seinem Reformkatalog die
Produzenten, ihre Preislisten erheblich zu kürzen und dem
Weißwein wieder mehr Aufmer! ksamkeit zu schenken. Rettet den
Riesling, lautet im Verband die Devise. Der Präsident formulierte
indes diplomatischer: "Der Riesling hat treue Verbraucher". Der
Bezirksverband Stromberg-Enztal hat inzwischen als Protest gegen die
Ausweisung von neuen Naturschutzgebieten im Kern-Stromberg um
Sternenfels, Schützingen und Gündelbach eine Liste mit 468
Unterschriften beim Landwirtschaftsministerium eingereicht. Davon seien
zahlreiche Weinanbaubereiche betroffen. Das Land Baden-Württemberg
habe diese Bereiche nachträglich für die
"Flora-Fauna-Habitat-Areale" der Europäischen Union gemeldet.
Bezirkschef Brüstle betonte, es hätten zu diesen nun
vollzogenen Ausweisungen Alternativen in den Flusstälern der
Region bestanden. Der anwesende Landtagsabgeordnete Winfried
Scheuermann betonte, mit der Ausweisung seien keine
Einschränkungen in der Bewirtschaftung der Weinberge verbunden.
Artikel wurde erstellt von: Horst Pieper am 25.02.2005.