Unanständig – aber nicht strafbar
Arzt aus dem östlichen Enzkreis muss sich nur wegen Untreue-Verdacht vor Amtsgericht Maulbronn verantworten 

MAULBRONN/PFORZHEIN. Vor dem Maulbronner Amtsgericht muss nun doch ein Verfahren gegen einen Arzt wegen Untreueverdachts verhandelt werden. Dies ist aber nur ein kleiner Teil-Sieg der Staatsanwaltschaft Pforzheim.

Wie würde die Auswärtige Große Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe mit Sitz in Pforzheim auf eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft Pforzheim reagieren? Die hatte protestiert, nachdem der Maulbronner Amtsgerichtsdirektor Klaus Droxler es Ende März abgelehnt hatte, das Hauptverfahren gegen einen Arzt aus dem östlichen Enzkreis wegen des Verdachts der Untreue zu eröffnen. Würde die Strafkammer Droxler den Rücken stärken oder in die Schranken weisen?

Sie tat beides. Kammer-Vorsitzender Wolfgang Schaffrath bestätigte der PZ auf Anfrage, dass der Beschwerde zum Teil stattgegeben wurde. Ähnlich zurückhaltend äußert sich Oberstaatsanwalt Hans-Werner Schwierk. Für seine Behörde muss es unersprießlich sein, dass ausgerechnet der Anklagepunkt abgeschmettert wurde, auf den es der Staatsanwaltschaft am meisten ankam: Sie wollte nachweisen, dass sich der Arzt mithilfe einer Generalvollmacht zweier alter – mittlerweile beide verstorbener – Patientinnen eine Millionenerbschaft erschlichen haben soll. Nutznießer: seine Frau (die PZ berichtete).

Der Fall ist nicht nur juristisch kompliziert, sondern war ein Politikum: Nach der ersten Berichterstattung in der PZ wurde Droxler vom Landgericht und Justizministerium gefragt, weshalb die Akte eineinhalb Jahre auf seinem Schreibtisch schlummerte, ohne dass sich etwas tat. Die Anklagebehörde hatte mehrmals protestiert – es war nicht das erste Mal, dass Strafverfahren überdurchschnittlich lange bei Droxler aufliefen. Der gelobte nach einem Treffen mit dem Landgerichtspräsidenten Besserung.

Plötzlich kam Bewegung in die Sache. Allerdings nicht so, wie es die Staatsanwaltschaft gerne gehabt hätte – Droxler lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Schwierk legte sofortige Beschwerde ein – und die Auswärtige Große Strafkammer musste sich ! mit dem Vorgang beschäftigen.

Offiziell äußern möchte sich keiner der Beteiligten. Doch was der PZ vorliegt, stellt ein Armutszeugnis für den Arzt und einen Rüffel für Droxler dar: Das Verhalten des Mediziners, der beim Notariat Knittlingen wiederholt angeblich im Namen einer damals 77-jährigen Frau auf das Erbe ihrer zuvor verstorbenen Schwester verzichtete, auf dass seine Frau als Erbin eingesetzt werde, sei „nach Aktenlage unanständig zu nennen“ – allerdings nicht strafbar. Denn zur Untreue kam es nicht, da der „Erbverzicht“ scheiterte.

„Kein Meinungsumschwung“

Versuchte Untreue wird strafrechtlich nicht verfolgt, weil Untreue – im Gegensatz zu Betrug oder Unterschlagung – kein Verbrechen, sondern ein Vergehen ist. Insofern habe Droxler mit der Ablehnung der Anklage Recht gehabt – allerdings nur im Prinzip. Denn die Begründung sei unzutreffend gewesen: Droxler hatte argumentiert, dass die unter Verwendung der Generalvollmacht erfolgte Erbschaftsausschlagung dem Willen der noch lebenden Vollmachtgeberin entsprochen habe. Das Richter-Kollegium aus Pforzheim kam zu einem anderen Schluss: Die Schwestern hatten sich gegenseitig als Erbinnen eingesetzt – erst nach dem Tod beider wäre die Frau des Arztes in den Genuss der Millionen gekommen. Es fehle, so die Kammer, jeder Anhaltspunkt dafür, dass bei der 77-jährigen in einem Jahr „ein solcher Meinungsumschwung eingetreten sein soll, der jeder Lebenserfahrung widerspricht“. Nur einem kämpferischen Rechtsanwalt, der vom Notariat als Betreuer der Frau eingesetzt wurde, war es zu verdanken, dass es nicht zu der vom Arzt angestrebten Erbschaftsausschlagung kam: Der Anwalt verbat sie ausdrücklich. Verhandelt wird nun eine Barabhebung des Arztes in Höhe von 5000 Euro vom Konto der zuerst verstorbenen Schwester. Hier bestehe der hinreichende Tatverdacht der vollendeten Untreue.

Amtsgericht

PZ-Artikel wurde erstellt von: Olaf Lorch am 25.08.2005.


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