Eine Institution verabschiedet sich
Annetraud Flitz von der Knittlinger Volkshochschul-Außenstelle verkündet bei Veranstaltung überraschend ihren Abgang


KNITTLINGEN. Mit einer unerwarteten Neuigkeit sorgte Annetraud Flitz am Freitagabend im Steinhaus von Knittlingen für Enttäuschung. Die Leiterin der Außenstelle Knittlingen der Volkshochschule Mühlacker gab ihren Abschied als Organisatorin der Veranstaltungsreihe "Kunst - Musik - Literatur" bekannt. Mit Uli Führe (Musik und Literatur) sowie Norbert Jüdt ("Fotografiken") gestaltete sie zum letzten Mal einen "KuMuLi"-Abend unter dem Motto "Mi Sproch - Meine Sprache".

Vor 15 Jahren hat Annetraud Flitz diese Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen. 17 Mal erfreuten sich die Abende, in denen Künstler aus den Bereichen Kunst, Musik und Literatur gemeinsam auftraten, großer Beliebtheit. Laut Annetraud Flitz ist das kulturelle Angebot heute ein anderes, als vor 15 Jahren. "Faustarchiv und Künstlergilde" würden für Veranstaltungen sorgen, weshalb sie sich als Organisatorin der "Kunst - Musik - Literatur" - Veranstaltungsreihe zurückziehen wolle.

Große Enttäuschung

Eine Neuigkeit, die am Freitagabend mit großer Enttäuschung aufgenommen wurde. Für die Leiterin des Knittlinger Faustarchivs, Heike Hamberger, geht damit ein ganz eigenständiges Stück Knittlinger Kultur verloren. Ihrer Ansicht nach wird die entstehende Lücke nicht durch die Veranstaltungen des Faustarchivs oder der Künstlergilde geschlossen. "Wir sind sehr entsetzt", drückte die Leiterin der Volkshochschule Mühlacker ihre Meinung aus. "Das ist etwas, wieso ich ärgerlich bin", meinte Elke Rautenberg. Die Stuttgarterin kommt von Anfang an regelmäßig zu den Veranstaltungen dieser Reihe "wegen der Zusammenführung der drei Kunstsparten". Für sie ein "tolles Programm". Trotz der vielen Argumente von Besuchern, ihre Entscheidung zu überdenken, blieb Annetraud Flitz an diesem Abend bei ihrer Entscheidung. "Das ist jetzt erst mal erledigt."

Gut 80 Besucher erlebten bei diesem vorerst letzten "KuMuLi"-Abend den Südbadener Uli Führe, der mit seinem Programm Kunst und Literatur verband. Als Liedermacher brachte er das Schicksal  einer alemannischen Kultur zum Ausdruck. Im Elsass spreche man vom "Schwob" und in der Schweiz vom "Preußen", wenn Menschen mit seinem Dialekt sprechen. "Statistisch gesehen sind wir gesünder", was für den humorvoll agierenden Liedermacher an dem dynamischen Sprachstil liege. Mit "Ribeldirabeldirobeldiböll" bewieß er diese dialektische Herausforderung für die Mundmuskulatur als "Ausdruck alemannischer Ekstase". In Anbetracht dieser Versprechungen für die Gesundheit, stimmte das Publikum in den herausfordernden Text mit ein.

Den Elternabend in der Schule vermittelte er in einem seiner Lieder als "kabarettistisches Theaterstück" und im "Lied von den lieben Verwandten" geht er auf deren unerwarteten Besuch ein, der ihn zu einer Flucht in den Zoo veranlasst. "Wir sind miteinander verwandt." Der Hinweis eines Affen bildet den Abschluss dieses traumatischen Verwandtschaftstextes.

Mit digitaler Bildbearbeitung entwickelt Norbert Jüdt aus Neulingen-Göbrichen seine "Fotografiken". Er will sich dabei klar distanzieren von der mit gängigen Softwareprogrammen "per Knopfdruck" machbaren Manipulation analoger und digitaler Originalfotos. "Zum Medium freier Gestaltung wird das Programm erst, wenn man gelernt hat, es zu den Ergebnissen zu zwingen, die der eigenen Gestaltungsabsicht entsprechen." Von völlig abstrakten Motiven bis zu solchen, in denen sich dem verweilenden Blick gegenständliche Fixpunkte erschließen, reichte das Ausstellungsspektrum. Ein starke grafische Orientierung drückte sich in den meisten Arbeiten aus. Harte und eckige Formen fließen in der Darstellung von Architektur übereinander, während im Gegensatz dazu die digitale Verarbeitung von fotografierten Brombeerblättern Weichheit ausdrückt. Die Komplexität und Verletztbarkeit ist die Schnittmenge der organischen und künstlichen Materie.

Artikel wurde erstellt von: Volker Henkel am 15.11.2004.