Anspruchsvolle Matinee
Konzertpremiere der Künstlergilde Buslat im Knittlinger
Steinhaus - Engagierter Vortrag
KNITTLINGEN. Die seit 42 Jahren bestehende Künstlergilde Buslat,
die sich der Einheit der Künste und deren Förderung
verschrieben hat, folgte ihrem Anspruch und bot eine Sonntagsmatinee
mit Musik und Literatur.
"Was gibt mir die Musik? Sie stellt mir eine Sprache zur
Verfügung, die in mancher Hinsicht genauer, im Gefühlsbereich
eindeutiger und offenbarender ist, als Worte je sein können. Wenn
es nicht die Worte eines großen Dichters sind." So zitierte der
Bürgermeister der Fauststadt, Heinz-Peter Hopp den berühmten
Geiger Yehudi Menuhin bei seiner Begrüßung zum ersten
Konzert der Künstlergilde Buslat in ihrer neuen Heimat
Knittlingen, das auch von der PZ unterstützt wurde. Am Klavier
saß Musikdirektor Professor Franz Wassermann aus Heidelberg und
die Klarinette spielte sein Universitätskollege Andrew Jenkins.
Weder einmal zeigt sich die enge Verbindung zwischen Knittlingen und
der Heidelberger Universität, die auch schon beim Faust-Archiv
fruchtbringend wirkt.
Die Bauschlotter Künstlergilde Buslat zieht nach dem Tod des
Schlossherren und Gilde-Gründers vom dortigen Schloss in die
ehemalige Straubsche Fabrik in der Knittlinger Esselbachstraße,
wo sie wieder ausreichend Galerie- und Büroraum zur Verfügung
hat (die PZ berichtete). Bürgermeister Hopp wertet diesen Umzug
der engagierten Künstlervereinigung als großen Gewinn
für die Stadt und spricht der ersten Vorsitzenden Waltraud Braun
mit ihrem Verein im Namen der Stadt ein herzliches Willkommen aus.
Das musikalische Programm im Knittlinger Steinhaus umfasste im ersten
Teil eher getragene und meditative Werke. Von Johannes Brahms
(1833-1897) das Andante aus der Sonate f-Moll, Das "Impromptu
passionée" am Soloklavier vom Modest Mussorgski (1839-1881), das
in seinem spielerischen Umgang mit einer nur scheinbar in ein festes
Raster gepressten Melodieführung immer wieder in ungewohnte
Harmonien und exaltierte Einsprengsel ausbricht und in ein
träumerisches Finale ausklingt. Über Camille Saint-Saëns
und Max Reger arbeitete sich das Duo lan! gsam in die Moderne vor. In
Saint-Sëns "Lento" hoben Klavier und Klarinette sehr schön
die Spannung zwischen einem in sehr tiefen Tönen gehaltenen
Klageteil und einem sehr hoch, sozusagen mit einer einfühlsamen
Tröstung vom Himmel, antwortenden zweiten Teil hervor.
Wie das Volksbuch vom Dr. Faustus sich mit der Musik auseinander setze
und was Heinrich Heine mit einem Faust-Ballett zu tun hat, das
erläuterte Professor Franz Wassermann im literarischen Mittelteil.
Lediglich als eine andere Form der Sinneslust und Gegenstand magischer
Taschenspielertricks kommt die Musik im Volksbuch vor - und Goethe
lässt sie gleich ganz unter den Tisch fallen. Da gibt es Diener
Fausts, die auf einem Dutzend Instrumente gleichzeitig spielen
können und der teuflische Mephisto gaukelt Faust - gleich nachdem
er ihn mit Gold und Silber beschenkt hat - mit verführerischer
Musik vor, im Himmel zu sein.
Was weitgehend unbekannt ist: Es gibt auch einen Faust von Heinrich
Heine. In Form eines Ballett-Librettos nämlich, das dieser
für das Londoner Tanztheater gegen gutes Geld geschrieben hat, das
aber nie zur Aufführung kam. Dort ist nicht nur Mephistopheles
eine Mephistophela, Fausts Abgang ist ballettgemäß
übertheatralisch: Als er im Dom das hübsche Töchterchen
des Bürgermeisters heiraten will, erscheinen Ausgeburten der
Hölle und er wird von der Schlange, in die sie Mephistophela
verwandelt hat, vor versammelter Kirche erwürgt.
Der zweite Teil des Abends ist eine musikalische Reise in die
Vergangenheit und wechselt von den besinnlicheren Tönen zu den
heitereren Stimmungen: Ein eigens für Klarinette und Klavier
komponiertes Stück von Carl Maria von Weber macht den Anfang und
zwei klassische Ohrwürmer von Beethoven und Mozart - das
Pathetique-Adagio am Klavier und das Andante aus dem Klarinettenkonzert
A-Dur im Duo - machen den gelungenen Abschluss, denn ohne das
Mozart-Andante noch einmal zu hören lässt das begeisterte
Publikum die Musiker nicht ziehen.
Artikel wurde erstellt von: Oliver Gassner am 10.11.2004.
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