Das Geheimnis der Black Box

Schimmelbefall in Knittlinger Schule weniger schlimm als befürchtet - Mauer wird saniert

Hat sich der Schüler erst einmal von der schweren Last des Begreifenmüssens befreit, ist der Physikunterricht eine tolle Sache. Spannende Geschichten erzählt der Onkel an der Tafel, ab und zu lässt er Metallkugeln aneinander schlagen, Drähte glühen, Schülern die Haare zu Berg stehen oder Wägelchen über Luftkissenbahnen flitzen. Das ist manchmal besser als Fernsehen, solange der Onkel nicht wissen will, warum die Frisur auf einmal steil der Zimmerdecke entgegenstrebt. Dann senkt der Schüler schnell den Blick, sachtes Achselzucken macht sich in den Reihen breit.
Die Faszination des Unerklärlichen erfasste am Dienstagabend auch den Technischen Ausschuss des Knittlinger Gemeinderates. Manfred Weber von der Firma Schwarzer Sanierungstechnik war in die Fauststadt gekommen, um von der bahnbrechenden Neuerung der Magnetokinese zu berichten. Einsatzgebiet: die Dr.-Johannes-Faust-Schule. Hier hatte sich im Alten Festsaal ob der aufsteigenden Feuchtigkeit Schimmel hinter einem Wandschrank gebildet, worauf die Stadt den Raum aus Sorge um die Gesundheit der Benutzer sperrte. Nun wusste der Experte der österreichischen Firma die Räte zwar zu beruhigen, denn es handele sich nur um einen oberflächlichen Befall, gleichwohl müsse das Grundproblem, sprich das feuchte Gemäuer, angegangen werden.
Setzen herkömmliche Sanierungsmethoden auf Eingriffe ins Mauerwerk und Chemikalien, so kommt die Magnetokinese mit einem schlichten Gerät von der Form einer "gusseisernen Bettflasche" (Weber) aus, das im Raum aufgehängt wird und über Antennen so mit dem Magnetfeld der Erde kommuniziert, dass das ins Mauerwerk eingedrungene Wasser quasi magnetisch über seine Dipoleigenschaften wieder in den Boden zurückgezwungen wird. Das Verfahren sei dazu billiger als herkömmliche Methoden, benötige keinen Strom und eine Verbesserung des Zustandes werde vom Geräte-Hersteller garantiert, pries Manfred Weber die verblüffenden Vorteile.
Die Gemeinderäte lauschten der wundersamen Erklärung wohl, allein vermochten sie die physikalische Wirkung der "Black Box",  wie Frank Knodel (Alternative Liste) das Gerät kurzerhand taufte, nicht so recht nachzuvollziehen. Manfred Weber setzte statt eines naturwissenschaftlichen Vortrags aber lieber auf den Nachweis der Wirksamkeit seiner Methode. Dieser sei schon mehrfach erbracht, gerade in klerikalen Gebäuden, denn vor allem alte Kirchen gehörten, was Wunder, zu der Zielgruppe des Herstellers.
Die Hoffnung auf das beschriebenen Wasser-Wunder war es wohl, die den Technischen Ausschuss zu einem ungewohnt schnellen und kaum diskutierten Entschluss veranlasste. Ohne viel Federlesens wurde - das Einverständnis des Kämmerers vorausgesetzt - der 7 649,04 Euro-Auftrag an die Firma Schwarzer vergeben, obwohl nach dem Vorschlag der Stadtverwaltung eigentlich erst für den nächsten Haushalt Mittel hätten bereitgestellt werden sollen.

Mühlacker-Tagblatt-Artikel wurde erstellt von Carolin Becker, 18.11.2004