"Bangen um die Gesundheit"


Anwohner der Brettener Straße sind besorgt über den Neubau einer Autolackiererei genau gegenüber ihrer Gärten
KNITTLINGEN. Die Anwohner der Brettener Straße in Knittlingen bangen um ihre Gesundheit: Gegenüber ihren Gärten soll in der Industriestraße eine Autolackiererei entstehen. Dafür gab der Gemeinderat grünes Licht.

Den Anwohnern der Brettener Straße in Knittlingen stand die Betroffenheit ins Gesicht geschrieben. Drei Stunden mussten sie bei einer Marathonsitzung im Knittlinger Rathaus ausharren, um dann die für sie niederschmetternde Entscheidung zu hören: Mit drei Gegenstimmen erteilte das Gremium die Baugenehmigung für eine Autolackiererei auf einem Grundstück in der Industriestraße. Jener Straße, an der auch die Gärten der Anwohner der Brettener Straße liegen. Nur getrennt durch eine sechs Meter breite Straße.

Furcht vor Lacknebel

"Wir bangen um unsere Gesundheit", bringt Annette Hagmann die Sorgen der Anlieger auf den Punkt. Vor zwei Jahren hatte die Knittlingerin eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen, bei der sich 25 Familien gegen die Lackiererei aussprachen. Weil der Bauherr aber einen Rechtsanspruch hat, wurde die Verwaltung damals vom Gemeinderat beauftragt, für Ersatzgrundstücke zu sorgen. Doch das Grundstück, das die Stadt der Lackiererei anbieten konnte, lehnte diese ab.

"Absurd" findet es Hagmann, dass die Verwaltung in zwei Jahren nicht in der Lage gewesen sei, der Firma angemessenen Ersatz anzubieten. Denn die Gartenbesitzer fürchten sich vor mehr Verkehr, vor den Dämpfen und dem Lacknebel, der bei einer Autolackiererei entstehen könnte. "Da können wir nichts mehr im Garten anbauen", sagt ein Anlieger. "Der Gestank bleibt doch im Tal hängen", sagt ein anderer. Ganz zu schweigen von den Kindern: "Eines hat Asthma, ein anderes Migräne, sollen die dann den ganzen Tag im Haus bleiben?", fragt Annette Hagmann. Sie fürchtet auch, dass sich die Grundstücke nicht mehr verkaufen lassen, wenn gegenüber eine Autolackiererei steht. Was sie besonders ärgert: In der Verwaltungsvorlage vom 19. Juli 2002 war noch von der Errichtung einer Lackiererei die Rede. Nun wur! de ledig lich der Antrag "Neubau einer Werkhalle mit Bürogebäuden" veröffentlicht. "Vielleicht wurde so damit gerechnet, dass wir die Entscheidung nicht merken und nicht in die Gemeinderatssitzung kommen", spekuliert Hagmann. Mit den Anwohnern geredet habe die Verwaltung jedenfalls nicht.

Rechtliche Schritte

Martin Blanc (SPD) bezeichnete es in der Sitzung als "ein Trauerspiel", dass es der Verwaltung nicht gelungen sei, ein anderes Grundstück zu finden und auch Lothar Frick (CDU und Freie Wähler) nannte die Sache "sehr unglücklich". "Aber wir können nicht nein sagen. Und nur den Antrag auf Befreiung der Dachform runterzupatschen, in der Hoffnung, der Antragsteller gibt auf, ist auch nicht korrekt", sagte er.

Bürgermeister Heinz-Peter Hopp wies die Vorwürfe der Untätigkeit von sich. "Wir haben einfach nicht die Vielfältigkeit der Grundstücke", nannte er den Grund, warum der Firma nur ein Ersatzstück angeboten wurde. Mehrmals habe die Verwaltung mit dem Antragsteller Gespräche geführt. "Die Firma hat einen Rechtsanspruch und die Voraussetzungen für eine Baugenehmigung werden erfüllt", sagte Hopp in Bezug auf Ängste wegen Gestank, Abständen und Lärm. Für Hagmann zählt das nicht: "Jetzt muss sich die Firma zwar an Auflagen halten, aber in 15 Jahren interessiert das keinen mehr", sagt sie. Daher wollen sie und die Anwohner rechtlich gegen den Bau der Lackiererei vorgehen.

Artikel wurde erstellt von: Nicola Hiller am 15.07.2004